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Freitag, 27. November 2015

Handwerkstatt für schlimme Finger


Stolzer Gründer: Philipp Pechstein vor dem Hammer & Nagel-Studio in München
Foto: Justine Lepoix

Schreinerei, Eisenwarenhandel oder vielleicht Barbershop? Das ist nicht auf Anhieb zu erkennen, wenn man in die Auslage von Hammer & Nagel reinblickt. Doch der Schriftzug auf den Schaufenstern verrät schnell worum es sich handelt: ein Mani- und Pediküresalon nur für Männer.
Warum diese hier oft einschlafen und was sein Nagelstudio mit einer Werkstatt gemeinsam hat, erzählt Inhaber Philipp Pechstein:


Ein Nagelstudio für Männer ist hierzulande ja noch etwas ziemlich exotisches. Wie kam Dir die Idee dazu?
    Ich bin schon immer selber zur Mani- und Pediküre gegangen, aber nie regelmäßig, da mich dieses „Plüschsalon-Ambiente“ in Frauen-Nagelstudios immer sehr gestört hat.
Letztes Jahr habe ich mit meiner Familie eine USA-Reise gemacht und in Los Angeles einen Shop entdeckt, der Mani- und Pediküre nur für Männer gemacht hat. Er war ganz nach dem Konzept einer Sportsbar eingerichtet, was mir nicht gut gefallen hat, aber die Idee an sich fand ich super. Als ich zurück in Deutschland war, habe ich dann begonnen zu recherchieren, ob es etwas in dieser Art auch in Europa gibt und bin dafür auch zu Hotspots wie Amsterdam und Berlin gereist, habe aber nichts dergleichen gefunden. Vor einem Jahr habe ich dann das Angebot bekommen, die Ladenfläche vom jetzigen Hammer & Nagel anzumieten, mich sofort dafür entschieden und meine Idee innerhalb von nur sechs Monaten umgesetzt.

Was steckt genau hinter dem Konzept von Hammer & Nagel?
Das Handwerk der Nagelpflege ist für mich vergleichbar mit dem eines Tischlers oder eines Schreiners. Bei beiden besteht die Atmosphäre einer Werkstatt, wie auch bei uns. Denn auch hier wird gehobelt und Werkzeug verwendet, zum Beispiel in Form einer Fräse wenn die Hornhaut von den Füßen abgeschabt wird. Daher auch der Name „Hammer & Nagel“.

Der Hingucker: die alte Werkbank mitten im Nagelstudio
Foto: Justine Lepoix 

Wurdest Du von Deinen männlichen Freunden für diese Idee belächelt?
Bevor ich das Ganze gestartet habe, habe ich natürlich in meinem Freundeskreis herumgefragt, um zu sehen wie die Idee ankommt. Dafür habe ich meine Freunde immer, wenn ich neue Ideen hatte, um einen Tisch gesetzt, mit einer Schüssel Pasta und Rotwein und jeder konnte mir seine Meinung sagen. Mein Konzept hat den meisten auf Anhieb sehr zugesagt. Sie fanden die Idee, während der Pediküre in schönen Ledersesseln und nicht auf „Gynäkologenstühlen“ (lacht) sitzen zu können, sehr ansprechend. Die Idee eines Nagelstudios im Ambiente einer urigen Werkstatt fanden sie auch spannend. Aber klar gab’s auch die, die das Ganze als Schwulen-Treffpunkt abgestempelt haben, aber meine Meinung dazu ist: das ist purer Neid, weil Schwule eben das Auge fürs Schöne haben. Natürlich habe ich schwule Kunden, aber die Mehrzahl machen trotzdem Heteromänner aus.

Der Werkstatt-Look des Studios erfüllt ja das Klischee eines Ortes für harte Männer. Kommen denn wirklich nur Muskelpakete und Motorradfahrer hierher?
Das ist wirklich komplett gemischt. Das kann man nicht verallgemeinern. Es kommen von jung bis alt, von Handwerkern über Wirte vom Viktualienmarkt zu Vätern mit ihren Söhnen, alle Männertypen hier her. Sogar ein Junggesellenabschied wurde hier schon gefeiert. Da kam eine Gruppe von sieben oder acht Kerlen, die sich ihre Hände und Füße schön machen lassen haben und danach weitergezogen sind.

Wie viele Kunden hast Du mittlerweile?
Wir haben ja erst im Mai dieses Jahres eröffnet und dafür hatten wir schon recht viel Kundschaft. Momentan sind wir bei 1.600 Kunden. Auch Stammkunden machen unser Geschäft aus. Viele kommen einmal die Woche für Mani- oder Pediküre her.

Warum dürfen hier keine Frauen rein?
Was heißt nicht rein dürfen... Rein dürfen sie ja, sie dürfen unsere Gutscheine kaufen (lacht herzlich). Aber wenn man als Mann in ein Nagelstudio für Frauen reingeht, fängt gleich das Geschnatter an, das ist halt einfach so. Und dann bekommt man diese blauen, kleinen Plastikwannen mit Blubberwasser für die Füße, das geht ja auch nicht. Wir haben hier richtig schöne männliche Metallwannen, da passt man auch noch mit Schuhgröße 48 rein! Hammer & Nagel soll ein richtiger Wohlfühl-Ort für Männer sein, wo sie unter sich sein können. Wir bieten bei der Pediküre auch ein Fußbad mit Fuß- und Wadenmassage an. Die Kunden entspannen sich dabei so sehr, oft schlafen sie sogar ein.

Gemütliche Ledersessel, die gerne mal zum Einschlafen verführen
Foto: Justine Lepoix

Und warum arbeiten hier dann nur Frauen?
Tja, das ist ja das Problem. Ich hätte wirklich gerne Männer hier gehabt, aber das Berufsbild des Nagelpflegers ist bei Männern in dieser Form scheinbar nicht sehr beliebt. Meistens werden sie Kosmetiker und gehen dann in die medizinische Fußpflege zu Ärzten, oder sie werden Visagisten und Stylisten, aber wir haben noch keine Bewerbungen von Männern auf unsere Stellenanzeigen bekommen. Sonst hätte ich natürlich welche angestellt, aber ich bin auch mit meinen Mädels sehr zufrieden.

Hat Hammer & Nagel eine Eigenmarke für Nagelpflege-Produkte?
       Hammer & Nagel hat nur für die Marke konzipierte Produkte. Vor einigen Tagen ist endlich auch unsere neue Seife geliefert worden, für die ich auch den Duft persönlich ausgesucht habe. Wir arbeiten mit einer kleinen Manufaktur hier in München zusammen, die unsere Produkte so herstellt,  dass sie perfekt zum Konzept des Studios passen. Einer unserer ganz besonderen Artikel ist auch die Holz-Nagelbürste in Schlagringform.

Hammer & Nagel-Style für zu Hause: die Schlagring-Nagelbürste und verschiedene Seifen gibt es auch zu kaufen
Foto: Justine Lepoix


Und wie sieht’s mit Nagellack aus?
Den gibt’s in Sonderfällen tatsächlich auch. Wenn ein Kunde zum Beispiel Probleme mit Nagelpilz oder sehr holzigen Nägeln hat, dann bekommt er, wenn er denn möchte, einen ganz dezenten durchsichtig-glänzenden Lack drauf. Aber den metrosexuellen Trend mit farbigen Nagellacken machen wir definitiv nicht mit!

Vielen Dank für das Gespräch!



Ein Besuch lohnt sich: hammerundnagel.de




3 Kommentare:

  1. Liebe Justine,
    das ist echt ein toller Geheimtipp! Ich fände es schön, wenn ihr noch mehr Stores ausschließlich für Männer vorstellen würdet. Davon kenne ich in München nur recht wenige.
    Liebe Grüße,
    Andrea

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  2. Liebe Andrea,

    schön, dass dir der Beitrag gefallen hat. Wir sind bereits auf der Suche nach noch mehr Geheimtipps ;-)

    Liebe Grüße

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  3. Liebe Justine,

    der Beitrag gefällt mir richtig gut!
    Ich hätte mir nur ein oder zwei Zeilen mehr über Philipp selbst gewünscht – Aber sonst hab ich da wirklich keine negative Kritik.

    Liebe Grüße

    Simon

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